Auf einen Pint in Daly Waters
Ein echter Pub war früher fast ein Grund, um in den Urlaub zu fahren. Glückliche Abenteurer, die nach der Schule Praktika im Ausland gemacht hatten, kamen mit Geschichten aus diesen mystischen Gaststätten zurück, in denen es rauh zuging, gegessen und getrunken wurde und in denen bei Musik und Bier die kuriosesten Geschichten erzählt wurden.
Inzwischen muss man für das nächste Orginal-Guiness meist nicht mal in den nächsten Ort fahren, selbst wenn man im Münchner Outback wohnt, findet man zum Beispiel in Dachau gleich zwei Irish Pubs mit authentisch-irischem Besitzer, Fish and Chips und bei Bedarf auch echtem Whiskey.
Wo bleibt da der Reiz des Pubs, dieser Art von Bar, die früher eine Sehenswürdigkeit, heute nur noch eine hippe Alternative zur Mojito-Bar ist?
Nun ja, wie der Irish Pub in Dachau eine Hommage an das echte Irland ist, so ist das Münchner Outback eine Hommage an das echte Australien. Wo in Deutschland nur noch die schlechte Anbindung an den nächsten Ort übrig geblieben ist, bedeutet Outback in Australien viel mehr. Es bedeutet grenzenlose Weite, unmenschliche Hitze, große Einsamkeit und eine kleine Parallelwelt zum technologisch hochentwickelten Australien der Küsten.
Dort, im Outback findet man auch einen Pub, wie er einmalig ist auf dieser Welt und dessen Besuch garantiert nicht mit einem Abstecher in einen deutschen Pub ersetzt werden kann: Daly Waters.
Der kleine Pub mitten im Nirgendwo ist schwer zu finden. Er liegt nicht direkt an der Hauptstraße, die von Darwin im Norden nach Adelaide in den Süden führt. Daly Waters liegt noch nördlich vom Ayers Rock und Alice Springs, aber Stunden entfernt von menschlicher Zivilisation und angenehmen Klima.
Für zwei reisende Backpackerinnen in einem Jeep ohne Klimaanlage kann er sogar die Rettung vor dem Wahnsinn sein. Als meine Freundin und ich nach ungefähr fünf Stunden Fahrt durch immer gleiche Landschaft und sengende Hitze das kleine Schild „Daly Waters“ sahen, lasen wir nur „Water“ und folgten der Beschilderung instinktiv.
Dass uns dort etwas so Famoses wie der kleine Pub dort erwarten würde, ahnten wir nicht. Die Tradition hier ist, dass jeder, der in Daly Waters eingekehrt ist, etwas von sich zurücklässt. Das geht vom BH über ein Surfbrett bis hin zu einem Klavier (wer auch immer das in der Wüste dabei hatte).
Das Lemon Lime and Bitter, ein typisch australisches Getränk löscht hier wie nirgends sonst den Durst und das Schnitzel, ja, das Schnitzel, schmeckt wie daheim in Deutschland, nur besser, weil man so etwas schon seit Wochen nicht mehr gegessen hat. Im schattigen Hinterhof ist es sogar angenehm kühl. Die Besitzer der Bar behandeln einen, als wäre man ihr bester Freund und der Pub ist erstaunlicherweise immer gut besucht.
Obwohl man vorher stundenlang keinem Auto auf der Straße begegnet ist, tauchen hier auf einmal mehrere Menschen auf.
Bevor meine Freundin und ich die kleine Oase Daly Waters verlassen, tackern wir ein Foto von uns an den Tresen. Ja, wer einmal unserem Weg folgen wird, der wird Melanie und mich finden, wie wir ewig lächelnd am Tresen hängen. Denn ein Teil von uns ist für immer dort geblieben.
Wer sich jetzt fragt, wie man es sich leisten kann, als junge Menschen eine Reise nach Australien zu machen, bei der man mit eigenem Auto durch die Wüste fährt, dem sei gesagt: es ist nicht schwer.
Es gibt viele Möglichkeiten, das riesige Land am anderen Ende der Welt zu bereisen. Die am Weitesten verbreitete Möglichkeit ist wohl Work and Travel. Man reist, zwischendurch pflückt man ein wenig Obst, dann reist man wieder. Der Traum eines jeden Abenteurers.
Wer jedoch schon studiert und kein ganzes Jahr mehr Zeit hat, um ins Ausland zu gehen, dem sei ein Auslandspraktikum ans Herz gelegt. Wer über eine Agentur, zum Beispiel die Jugendaustauschorganisation Stepin, sein Traumpraktikum im Ausland findet, der wird bezahlt, lernt die Kultur des Landes hautnah kennen, sammelt Berufserfahrung und hat zwischendurch immer wieder Zeit, um das Land zu erkunden.
Denn auch wenn Australien groß ist, es gibt viele Möglichkeiten, das Land auch in kurzer Zeit zu erkunden – für einen Pint in Daly Waters ist auf jeden Fall Zeit.